Das Neuen Testament
(in der Fassung des Münchener Neuen Testamentes)
mit den Textvarianten
(des griechischen Neuen Testamentes mit Kommentare)
und Übersetzungsvarianten
(in laufender Bearbeitung)
von
Peter Wunsch
Einleitung
Es gibt viele Bibelübersetzungen. Einerseits ist es gut, die Bibel mit der Zeit immer wieder neu zu übersetzen, weil Sprache und Wortbedeutungen sich ändern. Das Neue Testament wurde aber ursprünglich in altgriechisch, genauer in Koine-Griechisch, abgefasst. Nun hat man seit über 100 Jahren durch archäologische Funde sehr alter Bibelfragmente erkannt, dass der griechische Urtext des Neuen Testamentes, den wir seit über 1500 Jahren (fast) unverändert überlieferten, nicht ganz der ursprüngliche ist, sondern durch wissenschaftliche Unterscheidung (das bedeutet hier Textkritik) anhand dieser alten Funde neu gesucht werden kann.
Diese Textunterschiede an über 500 Textstellen, die allerdings nur selten von größerer Bedeutung sind, nennt man Textvarianten und wurden unter anderen im Novum Testamentum Graece von Eberhardt Nestle und später von Kurt Aland und anderen (NA) aufgeführt. Diese ist die weltweit verbreitetste, textkritische Ausgabe des griechischen Neuen Testamentes. Zur Zeit löst die Editio Critica Maior (ECM) sukzessive diese ab. Diese Fachbücher sind in Altgriechisch geschrieben, aber noch nicht in deutsch. Hier übersetze ich die Varianten im textkritischen Apparat aus dem The Greek New Testament, 5. Auflage 2015 und ergänze sie mit Varianten aus dem critically edited Greek New Testament (https://sblgnt.com) von Michael W. Holmes von der Society of Biblical Literature, sowie mit einigen Kommentaren (siehe unten). Dabei drösele ich den kritischen Apparat auf, um die unterschiedlichen Wörter im Zusammenhang zu bringen, damit die veränderten Aussagen sichtbarer werden. Die Satzteile der verschiedenen Lesearten schreibe ich direkt untereinander und gegebenenfalls kleine Unterschiede mit fetten Buchstaben, damit die Unterschiede direkter ins Auge fallen.
Auch weniger signifikante Varianten wie er sprach zu den Schülern / er sprach zu seinen Schülern führe ich auf, nicht aber inhaltlich unbedeutende wie er sprach zu ihnen / zu ihnen sprach er. Varianten in der Namensgebung vernachlässige ich: Hierolyma / Jerusalem, Moises / Moses, Mirjam / Maria und andere.
Zu den Textvarianten kommen noch Übersetzungsvarianten wie sie unter anderen das Greek New Testament der United Bible Society (UBS) und die Neue Genfer Übersetzung (NGÜ) dort aufführen, wo aus dem griechische Text nicht eindeutig hervorgeht, welche Wortbedeutung gemeint ist oder wo wörtliche Rede beginnt oder endet, wo Konjugationen mehrere grammatikalische Bedeutungen haben oder Wörter aufeinander zu beziehen sind, denn die frühesten griechischen Schriften kennen noch keine Satzzeichen, und so müsste man eigentlich jedes Satzzeichen wegdenken.
Als deutschen Text benutze ich das Münchener Neue Testament, das zwar nicht flüssig zu lesen ist, aber eine möglichst wörtliche Übersetzung bietet und so den griechische Text mit seinen Varianten besser nachvollziehen lässt. Außerdem gleiche ich den Text an einigen Stellen den frühen griechischen Schriften an, übersetze also noch etwas wörtlicher, wo es mir sinnvoll erscheint. So gebe ich die griechischen Personalpronomen mit Großbuchstaben wieder, weil sie – im Gegensatz zum Deutschen – nur bei besonderer Betonung verwendet werden, was in vielen Übersetzungen einfach untergeht.
Die Versnummern, die erst im Mittelalter eingeführt wurden, belasse ich, doch streiche alle Überschriften, die nicht zum Text gehören.
In den textkritischen Apparaten der griechischen Bibeln werden zu den verschiedenen Varianten die Zeugen der alten Handschriften aufgelistet um der wissenschaftlichen Abwägung willen, mit dem Ziel, den möglichst ursprünglichen Text wiederzugeben. Meine Intention ist aber, die Varianten derjenigen Bibelausgaben aufzuführen, die in der Textgeschichte und für die weltweiten Übersetzungen heute am einflussreichsten sind. Darum zitiere ich die Folgenden:
- an erster Stelle steht als Favorit der sogenannte Standarttext der aktuellen textkritischen Ausgabe, die Novum Testamentum Graecum Editio Critica Maior (ECM). Stand Ende 2024 sind die katholischen Briefe, Markus, Apostelgeschichte und die Offenbarung des Johannes erschienen.
- dann der Text der 26. (unverändert der 27.) Auflage des Novum Testamentum Graece von Nestle, Eberhard / Aland, Kurt und Barbara (NA), der seit 1979 als weithin anerkannte Vorlage für heutige Übersetzungen gilt.
Mit NA bezeuge ich NA/ECM/THGNT – es sei denn ECM oder/und THGNT unterstützen eine andere Variante und werden extra genannt.
Die 28. Auflage von 2012 ließ den Text unverändert mit Ausnahme des Textes der katholischen Briefen, der schon von ECM übernommen wurde. Darum wird NA28 nicht extra zitiert, nur der textkritische Apparat genutzt.
- der Byzantinischer Mehrheitstext (Byz) gilt in der Form des Antoniades seit 1912 für die Orthodoxe Kirche. Ich zitiere die Ausgabe von Robinson / Piermont 2018. Seit dem 4. Jhd. war und ist diese Ausgabe Grundlage für viele Übersetzungen.
- die lateinische Biblia Sacra Vulgata (Vulg), von Hieronymus im 5. Jhd. zusammengestellt / übersetzt, später von Papst Clemens als Vulgata clementina (Vulg(cl)), Weber-Gryson 52007 als Stuttgarter Vulgata (Vulg(st)) und letztlich unter Johannes Paul II. als Neo Vulgata (NVulg) 1979 neu herausgegeben. Dieser gilt aktuell als offizieller Text für den Gebrauch in der katholischen Liturgie.
- der sogenannte Textus Receptus (TR) galt allgemein seit dem Mittelalter mit der textkritischen lateinisch-griechischen Ausgabe des Erasmus seit Luther und die Reformation als Textgrundlage vieler Übersetzungen in einigen evangelischen Kirchen und wird heute bei bibeltreuen Christen favorisiert.
- das Tyndale House Cambridge Greek New Testament (THGNT) von 2017 ist eine eigene textkritische Ausgabe, die den alten Handschriften mehr Gewicht gibt (als die Nestle-Aland Ausgabe) und in der Anglikanischen Kirche und im englischsprachigem Gebiet mehr Beachtung findet.
- Manchmal werden noch andere, interessante und / oder gut bezeugte Nebenvarianten erwähnt. Wenn diese kaum Anspruch haben können, das Original zu sein, setzte ich sie in ( ).
Ansonsten gilt wie folgt:
Die Darstellung des textkritischen Apparates
Beispiel 1:
Mt 1:10 Hezekias aber zeugte den Manasses, Manasses aber zeugte den Amos, Amos * aber zeugte den Josias,
* {B}
Amoos NA
Amon Byz Vulg TR NVulg
(Ammon)
Amos ist hier gut bezeugt. Die korrekte Schreibweise ist aber Amon (1Chr 3,14), auch wenn 2Kön 21,18-25 und 2Chr 33,20-25 Amos lesen.
* bezieht sich auf die Stelle * im Vers
Die Einteilung der (Un)Sicherheit in der Textentscheidung nach UBS5:
{A} sicherer Text
{B} fast sicherer Text
{C} schwierig zu entscheiden, welche Variante
{D} große Schwierigkeiten
Die ersten Reihe bietet die Übersetzung des textkritischen Apparates. Der bezeugte Text wird zuerst zitiert, dann die Varianten, hier die Variante des Byzantinischen Mehrheitstextes.
In der zweiten Reihe wird ggfls. ein Kommentar gegeben aus der Lektüre des textkritischen Kommentare (siehe Literatur unten).
Beispiel 2:
Übersetzungsmöglichkeiten
Mt 2:2 Wo ist der (neu)geborene König der Judaier? Denn wir sahen seinen Stern im Osten ° …
°
im Osten
im Morgenland
aufgehen
aufsteigen
Neben echten Textvarianten gibt es an nicht wenigen Stellen Übersetzungsmöglichkeiten desselben griechischen Textes, der unterschiedliche Bedeutungen zulässt. Das betrifft einzelne Wörter oder:
Beispiel 3:
Wortbezüge
Mt 11:8 Doch, was kamt ihr heraus ° zu sehen? Einen Menschen in weiche (Gewänder) gekleidet?
°
– was kamt ihr heraus zu sehen? Einen Menschen …
– was kamt ihr heraus? Zu sehen einen Menschen …
° verweist auf mögliche Setzung von Abschnitten, Satztrennungen und somit andere Übersetzungsmöglichkeiten des selben griechischen Textes, der ursprünglich diese Unterschiede wegen fehlender Satzzeichen nicht anzeigen konnte.
Abkürzungen:
( ) im Text: Zusätze der Übersetzung zum besseren Verständnis
( ) bei Varianten: Nebenvariante
[ ] Text, dessen Ursprünglichkeit nach NA unsicher ist
* Textvariante(n)
*♦ Textvariante(n) zu […] im Text von NA
♦ gleichwertige Textvariante (nach ECM und THGNT)
° Übersetzungsvariante(n)
[[ ]] sicher sekundäre Einfügungen im Text nach NA, die aber in der Tradition so bedeutsam wurden, dass sie im Text blieben
– die vorhergehenden Worte werden in dieser Variante ausgelassen
Anm. Anmerkung
griech. griechisch, d.h. in der griechischen Bibel
hebr. hebräisch, d.h. im hebräischen Alten Testament
lat. lateinisch, d.h. in der lateinischen Bibel
----------------Byz
----------------T
----------------GNÜ
--------------(ABCD)
--------------Xiphos
sind persönliche Markierungen, wie weit ich mit der Bearbeitung der Texte gekommen bin
Bibelausgaben
Byz Byzantinischer Mehrheitstext seit dem 4. Jhd., ed. Robinson / Piermont 2018
In der Offenbarung des Johannes: Byz(A) fasst zusammen die große Zahl der Handschriften mit dem Apokalypse-Kommentar des Andreas von Caesarea, Byz(K) die eigentlichen Koinehandschriften.
ECM Novum Testamentum Graecum Editio Critica Maior (ECM).
Bis März 2025: Mk, Apg, Jud, 1-2Petr, 1-3Joh, Offb. (http://egora.uni-muenster.de/intf/service/Textual_changes_as_against_NA28.pdf)
LXX Septuaginta. Die alte griechische Übersetzung des Alten Testamentes
NA der „Nestle-Aland“ von Nestle, Eberhard / Aland, Kurt und Barbara
Novum Testamentum Graece, Nestle-Aland, 1979(27) 1993(27).
2014(28) 2025(29) (Stand Mitte 2025) geben den Text der ECM wieder. Diesen zitiere ich mit der ECM.
NGÜ die Neue Genfer Übersetzung, Neues Testament, Psalmen, Sprüche ³2018
NGÜ gibt in zahlreichen Randbemerkungen Textvarianten und Übersetzungvarianten wieder.
NVulg Nova Vulgata (neue lateinische Übersetzung), Vatikan 1979.
SBLGNT Michael W. Holmes, critically edited Greek New Testament, Logos Bible Software und Society of Biblical Literature (https://sblgnt.com)
THGNT Tyndale House, Cambridge, Greek New Testament (Jongkind, Williams) 2017
TR Textus Receptus, westlicher Mehrheitstext seit dem frühen Mittelalter in den Ausgaben:
TR(er) Erasmus 1516(1) 1518(2) 1519(2) 1522
TR(st) Stephanus 1546 1549 1550
TR(be) Beza 1598
TR(el) Elzevir 1624
TR(sc) Scrivener 1887
UBS Greek New Testament, United Bible Society 1966(1) 1968(2) 1975(3) 1983(4) 2014(5) 2025(6)
Vulg Biblia Sacra Vulgata (lateinische Übersetzung)
Vulg(cl) Biblia Sacra Vulgata, editio clementina 1592
Vulg(st) Biblia Sacra Vulgata Stuttgartiensis, Weber-Gryson 2007(5)
Vulg(ww) Biblia Sacra Vulgata, editio Wordsworth-White 1889-1954
Hilfsmittel
Bauer , Walter,
Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testamentes und der frühchristlichen Literatur, 1988(6) (stark überarbeitet von Barbara und Kurt Aland)
Comfort, Philip Wesley,
- NT: New Testament Text and Translation Commentary 2008
- MS: A Commentary on the Manuscripts and Text of the New Testament 2015
Gesenius, Wilhelm,
Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch 1949(17) 2012(18)
Grosvenor, Mary; Zerwick, Max,
A Grammatical Analysis Of The Greek New Testament, Rom 1993
Haubeck, Wilfried / Siebenthal, Heinrich,
Neuer sprachlicher Schlüssel zum griechischen Neuen Testament, Matthäus bis Offenbarung, Brunnen Verlag, 2020(4).
Houghton, H. A. G.,
A Textual Commentary on the Greek New Testament, Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart 2025
Kittel, Gerhard,
Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament 1933-1973
Menge, Hermann,
Langenscheidts Großwörterbuch Griechisch Deutsch unter Berücksichtigung der Etymologie von Hermann Menge, 1991(27)
Metzger, Bruce Manning,
A textual Commentary on the Greek New Testament ²1994
Omanson, Roger L.,
A textual guide to the Greek New Testament, Deutsche Bibelgesellschaft 2006
Rienecker, Fritz,
Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament 1970(12)
Terry, Bruce,
Textual Variants – A Student's Guide to New Testament Textual Variants 1998
Welte, Michael,
Elberfelder Bibel: Neues Testament. Textkritische Ausgabe. Bearbeitet von Michael Welte 2017
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